Am Telefon

Etwas später als sonst ruft er an. Fragt freundlich:
„Stör‘ ich dich?“
„Nein“, meint sie und schaltet am Herd das Ceranfeld auf halbe Leistung, „Das Risotto ist erst in einer viertel Stunde schlotzig.“
„So, wie es sein muss“, entgegnet er geistfrei.
Schweigen.
Einmal fragte sie ihn, warum er überhaupt noch anruft. Und warum er nichts sage? Jetzt muss sie ihren Ex-Freund wieder ermahnen:
„Sag was!“
Würde er wieder beleidigt sein, von seiner offenen Wunde sprechen, davon, dass er anerkennt, dass es vorbei ist, aber … blah blah blah?
Er sagt: „Warte mal kurz.“
Wartet nicht ihre Antwort ab, legt das Telefon neben sich, steht kurz auf und holt seine Gitarre.
Er hat länger nicht mehr gespielt. Und weil das Holz und die Saiten leicht auf Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsunterschiede reagieren, ist sie natürlich total verstimmt. So fängt er an, die tiefe E-Saite nach Gehör und dann auf dem fünften Bund mit der leeren A-Saite gleich zu stimmen. Alle sechs Saiten runter.
Irgendwann kann er mit dem Spielen beginnen. Er erinnert sich an das Telefon neben ihm.
Bestimmt hat sie mitbekommen, dass er Gitarre spielen will. Für sie.
Er fragt:
„Hallo?“
Doch am anderen Ende der Leitung ist nichts mehr zu hören.
„Hallo? Hallo?“
Schließlich legt er auf. Stellt die Gitarre zurück in ihre Ecke.
Da war wohl der Risotto schlotzig.

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3 Kommentare

Eingeordnet unter Bei Sem;kolon zu Hause

3 Antworten zu “Am Telefon

  1. Was lernen wir daraus? Vor einem Ständchen immer die Gitarre stimmen :-)
    Gefällt mir sehr, diese kleine Szene. Nur die Zeile „erinnert er sich an das Telefon“ fand ich nicht schlüssig – unwahrscheinlich, dass er das Gespräch über ein bisserl Stimmen „vergisst“. Bist Du interessiert an der Ausmerzung von Tippfehlern? Manchen ist das egal, manche (wie ich) freuen sich über Hinweise. Gib doch in dieser Hinsicht Bescheid, ich kann auch die Klappe halten :-) Hier wäre es ein falsches Komma (muss ein Punkt hin) bei: „… auf halbe Leistung“. Und der Ausdruck „kurz aufstehen“ ist, schaut man ihn sich mal an, auch skurril: Entweder man steht auf oder nicht.
    Liebe Grüße!

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    • Pah, nein! Dreimal Aye, Kap’tai! Bei allem nötigen Respekt, Sir, ich finde es auch wichtig, zu wissen, wo ich Fehler mache, doch nicht hier bei WordPress. Hier probiere ich aus. Es kommt es aus dem Hirn in die Tastatur und wird im gleichen Moment als Beitrag gepostet. Dinge, wie „dort muss ein Punkt statt eines Kommas hin“ oder „kurz aufstehen“ sei skurril, bekomme ich ständig von meiner Autorengruppe um die Ohren geblasen. Daher gehe ich schon dazu über, Texte noch mal zu überarbeiten, die auch für Sem;kolon sind. Du bist vom Fach, das sehe ich, es würde mir aber Freiheit fehlen, wenn ich hier nicht auch etwas noch rohes raus hauen könnte. Dennoch könnte ich mir einen Kompromiss vorstellen, für Tippfehler könntest Du mein Kontaktformular verwenden, ok?

      Gefällt 1 Person

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