Ich habe wieder ein neues Musikprojekt komponiert und fertig produziert. Es war ein schweres Stück Arbeit.
Ich öffnete meine Schatztruhe lizensierter Samples und holte funkelnde Klangdateien hervor.
Das ist wie Einkaufen. Man hat einen Einkaufkorb, Zeit und Ruhe. Man schlendert an den Regalen vorbei, schaut hier und da, nimmt mal etwas in die Hand. Was einem gefällt, legt man ab und an in den Korb. Wenn der Korb schon ziemlich schwer ist, geht man nach Hause.
Und ich hatte null Ahnung, was ich aus den Zutaten machen sollte …
Ich spielte herum. Die Beats und Percussion-Sections flatterten wie ein Sack Flöhe durcheinander herum. Ich musste sie bändigen.
Ich holte mir noch schnell einen fetten Bass und band das Schlagwerk daran fest – es hörte sich cool an!
Dann war ich nicht mehr da. Ich war ganz weit weg.
Während das neue Stück länger wurde, am Ende 8 min 18 sec, kam mir bei der Programmierung eine kleine Geschichte in den Sinn.
Ein Elefant. In den Steppen Afrikas. Von Menschen gefangen und in einen Zoo gesperrt. Im Winter schneit es hier, im Sommer gibt es nicht die Hitze wie auf dem schwarzen Kontinent. Dort war es nicht schlimm, sich mal von der Herde zu entfernen, der Elefant konnte weit sehen.
Hier starrt er nur Betonwände an.
Im Laufe der Jahre ist der Zoo vergessen worden und heruntergekommen. Die Kinder gamen lieber am Computer statt lausige Affen, komische Vögel und einen alten Elefanten im Zoo anzugucken.
Am Ende ist der Dickhäuter einsam und allein, weit weg von zu Hause für immer.
Es gibt etwas, was ihm die Menschen nicht nehmen konnten. Sein Gedächtnis. Die Träume und Erinnerungen an das freie Grasland lassen ihn überleben.
Mit meiner Musik habe ich versucht, diese Erinnerungen zum Klingen zu bringen!
Demnächst auf allen einschlägigen Audio-Streaming-Diensten, auch iTunes und Amazon Music. Das Stück ist zum Tanzen, aber auch zum Chillen.
Als ich den Track abgemischt hatte, war ich erst mal wie weggetreten. Ich bin durch Afrika gereist und sah ein Tier in Gefangenschaft wider die Natur. Es war heftig, auch wenn es nur Fantasie war. Jeder Hörer darf sich zur Musik natürlich seine eigene Geschichte ausdenken …
Literaturfreunde interessiert es nicht die Bohne, was ich in Sachen Musik treibe. Es gibt auch welche, die mir den Wechsel von der schreibenden zur musizierenden Zunft nicht verzeihen wollen.
Es gibt dabei auch kein Zuverdienst. Als Autor habe ich übrigens nur Geld verdient, wenn ich bei Lesungen auf der Bühne den Hampelmann gemacht habe. Ich kann das nicht mehr.
Meine Musik ist so konzipiert, dass man sie nicht live aufführen könnte.
Ich weiß, dass Autorinnen und Autoren, die sich gerade Selbstständig gemacht hatten, durch die Corona-Pandemie wieder vor dem Aus standen. Nicht Bücher bringen einem die Miete ein, sondern Lesungen und Schreibwerkstätten, die man leitet. Daran war nicht zu denken.
Von all dem habe ich mich unabhängig gemacht. Ich glaube, ich habe so lange geschrieben und Jahrzehnte an einem eigenen Stil gearbeitet, dass ich vielleicht mal in den Deutschbüchern zukünftiger Schulkinder lande.
So. Was noch? Wieder anfangen, Lese-Events planen, Locations suchen und einem Publikum vorlesen, das mir eh nicht folgen kann? Nur weil man sich wieder gefahrloser versammeln kann?
Da geb ich einen Dreck drum. Das darf jeder für selbst entscheiden. Ich trauere meiner „Karriere“ als Autor nicht nach – warum tun es andere?
Vielleicht habt Ihr, haben Sie eine Meinung dazu?
Viele Grüße aus dem Tonstudio!