Das mag überraschen, doch ich lese nicht mehr. Mit Lesungen bin ich erst mal durch.
Das liegt nicht daran, dass es wunderbare Lesungen gab, von denen ich heute noch schwärme.
Es liegt an jenen Lesungen, die in keiner Weise so abliefen, wie es sich ein Autor vorstellt und wünschen darf.
Der Anlass meiner Publikumsabstinenz war eine Lesung mit dazu gebuchtem „Musikprogramm“.
Während ich also las, schaute ich öfter in die Zuhörermenge. Nicht um einen verbindlicheren Blickkontakt herzustellen, sondern um zu sehen, ob die Köpfe der Gäste durch Strohballen ersetzt waren. Eine spannungsgeladene, knisternde Stimmung hätte es nämlich nur gegeben, hätte sich Stroh an Stroh gerieben …
Immer im Wechsel trat dann dieser Bursche auf. Unaussprechlicher Künstlername. Mikro. Gitarre. Verstärker mit einigen Gimmicks.
Wenn der sang und spielte, waren die Strohballen hin und weg. Man filmte ihn mit dem Handy. … einen Autor beim Lesen zu filmen – auf die Idee kam niemand. Nicht mal ich.
Sehr zu meinem Ärger kam das „musikalische Programm“ vor der Veranstaltung angepisst und behauptete, mich von irgendwo her zu kennen.
Schön für ihn. Doch kein Grund, mich in ein Gespräch zu verwickeln! Vor den Auftritten.
Am Ende hat nicht ein Hahn nach mir gekräht oder eine Henne gegluckt. Ich bekam die Gage ausgezahlt. Und ging.
Wer mich auf der Bühne vermisst – kann meine Bücher kaufen und sie lesen.
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Ohne Leselust
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Jubiläumslesung
Wir. Wir Autorinnen und Autoren der Autorengruppe Sem;kolon. Wir feierten das 25-jährige Bestehen einer freien Gruppe, die noch nie von öffentlichen Geldern abhängig war, die nie einen Leiter brauchte, die sich trifft, um sich gegenseitig zu helfen bei ausschließlich selbstgeschriebener Literatur. Ich habe den Abend als sehr harmonisch innerhalb der Gruppe erlebt. Das Publikum war sehr aufmerksam, ich konnte es in meinen Parts nicht sehen wegen der Scheinwerfer. Doch wenn man auf der Bühne nichts hört, als nur den Applaus am Ende, dann glaube ich, es hat gefallen.
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Wer ist angstfrei?
Als Kind hast du es erlebt
Das Monster unterm Bett
die Dunkelheit und abwesende Mutter
Hast geschrien: Angst! Angst!
In der Schule, wenn sie in der Mehrzahl waren,
dir eine Lektion erteilten, dem Schwächeren,
hat es in dir geschrien: Angst! Angst!
Der Poet auf der Bühne,
es raus lässt, mit Worten zaubert,
geht abends nach Hause und greift zum Glas
Es in ihm schreit: Angst! Angst!
Als sie dir sagte: Ich liebe dich nicht mehr.
Du deine Sachen räumen musst
So jäh ein Traum vorbei
In dir schreit: Angst! Angst!
Und mitten in Frieden und Wohlstand schießen
echte tödliche Kugeln im Einkaufszentrum
Und das kleine Kind in dir schreit: Angst! Angst!
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Ruhelos
Einer meiner Freunde prägte mal den Spruch: „Melancholie ist die einzige Art zu sein.“
Ein ziemlich poetisch formuliertes Statement für einen meist prosaischen Autor und Physiker. Aber was heißt das?
Ist es ein Gefühl, das dich befällt, wenn du alles gemacht hast, was du tun konntest, aber es ist doch nicht genug?
Wenn du alles erreicht hast, was du erreichen konntest, dich aber leer fühlst?
Dein ganzer enormer Zorn nicht reicht, um es auch wirklich allen zu zeigen, zu beweisen, vom Gegenteil zu überzeugen, was immer es auch sei?
Unfähig, so tief zu stapeln, um eine Sendung bei RTL II auch nur bis zur nächsten Werbeunterbrechung zu verfolgen.
Und Schokolade mit Verachtung auf sich selbst verdrücken, den Aschenbecher absichtlich nicht leeren, zufällig vergessen, sich zu rasieren.
Ist Melancholie denen vorbehalten, die als die Macher gelten? Die plötzlich starr werden und die Sinnfragen stellen: Warum? Wofür? Und vor allem für wen?
Abends nach einer Lesung. Ich kann nicht schlafen. Adrenalin peitscht in den Venen. Eben noch im Licht der Scheinwerfer. Dem Publikum etwas für sein Eintrittsgeld, für seine Aufmerksamkeit geboten. Applaus, Trubel, Bücher signieren. Ich war Zentrum für zwei Stunden. Doch war ich bei mir?
Und nun Dunkelheit. Niemand bei mir, um es zu feiern. Oder aufzuarbeiten, wie es heißt. Schon an den nächsten Termin denkend, bevor dieser schon verdaut. Die Verzweiflung nach dem Hochgefühl. Eigentlich bin ich mir bloß peinlich. Was treibt mich an, dort oben zu stehen und mein Zeug vorzutragen?
Und so horche ich in mich, denn rufen kann ich nicht mehr. Gnädig ist, wenn die Müdigkeit siegt. Sich der Schlaf ausbreitet bis ins äußerste Glied. Sonst muss ich dem bis 24 Uhr geöffneten Supermarkt gegenüber danken für seine sortierte Schokoladenabteilung …
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E-Book? Für mich kein Thema.
Bevor mein drittes Buch beim sonderpunkt Verlag in den Druck geht, ein wenig dazu, warum es in der konventionellen Weise als Papierausgabe und mit einem Vertrag mit einem Verlag erscheint.
Dies mag ja manchen schon altmodisch anmuten. Denn das Zeitalter der E-Books und des Self-publishing ist angebrochen! Beim letzten gibt es schon spezialisierte Verlagssparten, die den Veröffentlichungswilligen Hilfestellung geben. Und die Branche boomt.
Meine Standardantwort auf die Frage, ob es mich als E-Book gibt, lautet: „Ja, wenn du dir die Seiten selbst einscannst.“
Vielleicht ändere ich irgendwann meine Meinung. Niemand wird aber bestreiten, dass es eine Menge absoluten Mist, Ramsch und bodenlosen Schwachsinn auf diesem Sektor gibt. Gleichzeitig haben gute, sorgfältig hergestellte elektronische Bücher ihre Anhänger. Hier gilt eben, wer mag, soll es tun. Man mag mich demnach altmodisch nennen. (Nebenbei, meine Taschenbücher sind im A6-Format, die passen zu dem E-Reader auch noch in die Jackentasche.)
Ich gebe gerne zu, ich wäre zunächst überfordert, meine Manuskripte technisch in die Formate zu bringen, die sich dann auf den vielen uns bekannten Plattformen im Internet downloaden lassen. Und sie darüber hinaus noch zu vermarkten. Geht’s noch? Ich muss mir als Autor das nicht auch noch antun! Ranking-Listen überwachen, Preise anpassen oder mal einen Gratisangebotstag raushauen. Lotto spielen ist einfacher … Nein, da brauche ich meinen Verlag. Ein fachkundiges Lektorat, die Überwachung des Drucks und einen Vertrieb, alles Dinge, bei denen sich der Autor betreut fühlt.
Trotzdem habe ich auch einige E-Books anderer auf der Festplatte. (Und sie waren allesamt erst mal futsch, als ich mit dem Betriebssystem XP nicht mehr online ging …) Den Liebhabern echter Bücher brauche ich da vom haptischen Erleben nichts zu erzählen. Auch nicht von der permanenten Platznot für all die schönen Bücher in der Wohnung. Wichtig für mich als Schriftsteller ist einfach meine persönliche Entscheidung: Es bleibt bei den Papierausgaben. In dieser Form habe ich das Lesen gelernt. Habe ich später bis tief in die Nacht geschmökert und die Warnung der Eltern ignoriert, davon bekäme man schlechte Augen.
Vieles erleichtert und verändert die immer schneller werdende elektronische Entwicklung. Auch mein Paperback käme ohne sie nicht mehr aus der Druckerei. Aber aus irgendeinem Grund ein Buch wirklich anfassen zu können, das meinen Namen trägt, ist jedoch einfach viel schöner.
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Nachlese
Die Lesung BOOKJOCKEY PARTY war auf ganzer Linie ein Erfolg. Nicht nur das Publikum hatte seinen Spaß, Autor und DJ hatten auch großes Vergnügen an dieser Veranstaltung.
Wir beide haben eine große Publikumserfahrung, doch dass auf der Bühne die Chemie so gut stimmte, hatten wir uns nicht ausgemalt. Und ob das Konzept der Lesung aufgeht, wussten wir auch nicht.
Jedes persönlich abgegebene positive Feedback des Publikums endete mit dem Satz: „Das müsst ihr noch mal machen!“ Die Planungen dafür laufen schon an …
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Mein neues Buch könnte schon im August 2014 erscheinen
Das Lektorat für das zweite Buch im Sonderpunkt-Verlag ist abgeschlossen.
Meine Lektorin und ich haben viel weniger Arbeit damit gehabt, als bei „Ultraviolett“. Es ist nicht so, dass schon Routine eingekehrt ist, doch mir war klar, worauf es beim lektorieren ankommt. Daher ging es leichter. Und wir hatten auch wieder eine Menge Spaß dabei.
Mein Entwurf für den Buchumschlag ist auch schon genommen worden – mit der Beurteilung „sehr, sehr gut“. Dies ist etwas worauf ich ungemein stolz bin. Üblicherweise übernimmt der Verlag die Gestaltung des Covers. Woher soll auch ein Autor wissen, worauf es ankommt und was ein verkaufsförderndes Design ist. Nicht, dass ich in dieser Hinsicht ein Werbeprofi wäre, doch da für mich Inhalt und Optik eines Buches eine Einheit bilden, habe ich mir Gedanken gemacht.
Zum Inhalt des Buches kann ich folgendes sagen. Das neue Buch wird ein grobes Thema haben. Es erscheint vor dem Hintergrund eines 20-jährigen Jubiläums. Mein Bühnenjubiläum als lesender Autor. 1994 hatte ich mit der Autorengruppe Sem;kolon meine erste literarische Lesung vor Publikum. Der Kreis schloss sich dieses Jahr mit einer weiteren Lesung der Gruppe.
Auf der letzten Seite des Buches soll es eine Liste mit einer kleinen Auswahl von Lesungen geben, an die ich teilgenommen oder allein bestritten haben. Außerdem war es eine Lesung, bei der der Sonderpunkt-Verlag auf mich aufmerksam wurde …!
Obwohl wieder literarische Kurzprosa im Vordergrund steht, wird es auch einige Hinweise auf Lesungsatmospähre geben. Daher hier exklusiv eine Textprobe aus dem neuen Buch:
„Ich erinnere mich daran, dass einer der unseren an der Kasse zur Eintrittskarte jedem ein Exemplar verscherbeln wollte. Dass hundert Menschen die Location füllten, wo sonst Konzerte von Newcomer-Bands stattfanden. Dass es noch Ärger gab, weil sie uns die hauseigene Verstärkeranlage plötzlich nur gegen Aufpreis zur Verfügung stellen wollten. Aber dann gehörte die Bühne der literarischen Vielfalt von Sem;kolon! […]“
Das Buch kann bald auf der Homepage des Verlages vorbestellt werden. Es wird 4,90 € kosten und wird voraussichtlich den Titel haben: „Live! Poet auf der Bühne„. Ein genauer Veröffentlichungstermin steht noch nicht fest, er könnte vor dem Herbst dieses Jahres sein.
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