Ich habe noch nicht mit jemanden persönlich gesprochen. Niemanden aus dem Kriegsgebiet. Kein Flüchtling. Keine Muslime. Niemanden, der hier so respektlos behandelt wurde. Beim Ausländeramt. Beim Jobcenter. Und gerade aus dem Bus geworfen wurde, wegen einem Kaffe-to-go Becher in der Hand. „Es ist verboten!“ schrie der Busfahrer, dass ich es an der Haltestelle hören konnte. Wo ich saß. Wohin sie zurück kehrte.
Sehr gut gekleidet war sie. Gut deutsch konnte sie. Die junge Frau entschuldigte sich. Fragte: „Wo kann man sich beschweren?“
„Bei den Stadtwerken. Ich hasse Busfahren so sehr, dass ich mir ein Fahrrad gekauft habe.“
Tonlos meinte sie: „Ich bin in Deutschland.“
Ich versuchte zu sagen: „Sie dürfen hier sein. Sie dürfen sich hier einrichten …“
„Und Arbeit“, kam es ganz leise.
„ … und arbeiten! Es ist Ihr Recht! Aber die meisten“, ich machte eine weit ausholende Geste, „wissen das nicht.“
Ich sah Tränen in großen braunen Augen.
Genau die Tränen, die vergossen wurden, als das Gebell der Geschütze näher kam, als die ersten Verwandten getroffen wurden, als sie rannte, rannte um ihr Leben.
… jetzt ist sie in Deutschland.
Schlagwort-Archive: deutsch
(ohne Titel)
Eingeordnet unter 2018
Im Abendland
In dem Haus, in welches ich täglich die Woche über gehe, befindet sich im oberen Stockwerk ein Gebetsraum. „Oh“, dachte ich, „Hier denkt man an alles.“ Gestern ging ich hoch, um mal rein zu schauen.
Ich klopfte erst respektvoll an. Und wenn die Tür verschlossen ist? Nein, ich konnte sie langsam aufdrücken.
Zuerst ein Waschbecken. Handtücher. Bereit liegende weiße Umhänge. Es gab kein Kreuz, keine Heiligenfiguren. Da war ein Teppich. Jedoch nicht gerade zur Wand ausgerichtet. Nun verstand ich. Der Teppich zeigte nach Osten zum Sonnenaufgang. Und das Buch auf der Fensterbank war der Koran.
Und mir wurde nun bewusst, warum auf dem Schild neben der Tür unter dem Wort Gebetsraum ein arabischer Schriftzug stand. Den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen, begleitet mich zurzeit oft.
Eingeordnet unter Gesundheit