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Familienangelegenheiten

Dieses Jahr ist für meine engste Familie ein Superjahr. Heute konnte ich meinem Vater zum 85. Geburtstag gratulieren! Im Hochsommer vollendet meine Mutter ihr 80. Lebensjahr! Und meine älteste Schwester wird am 2. Weihnachtstag 50!
Alles in den Schatten stellt jedoch meine jüngste Schwester. Im letzten Jahr geheiratet ging es danach auf Hochzeitsreise ins Land von Graf Dracula. Vor 9 Monaten bekam ich von ihr ein Foto mit einem Ultraschallbild über WhatsApp …
Vorgestern wurde ich Onkel! Es war keine einfache, doch geglückte Geburt. Froh schickte mir mein Schwager ein Foto. Ich zeige es hier nicht, denn ich achte auch die Persönlichkeitsrechte von Babys und Kindern.
Da ist also der neue Mensch. Ruhig ohne Schmerz. Und ohne Angst. Schon einen Haarschopf. Das Fäustchen links an die geöffneten Lippen gelegt. Eingewickelt in eine orange Decke schauen ganz große blaue Augen offen in die Welt. Die Geste, das Gesicht, als würde es schon alles wissen und über die Bedingungen verhandeln wollen, in der Welt zu bleiben. Nach dem Motto: Und? Was habt ihr so zu bieten? ;-)
Sie hat jetzt schon einen Platz in meinem Herzen – meine Nichte!

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Eingeordnet unter 2017

Ausladend

Wenn einen Mann das Single sein allzu sehr frustriert, greift er schon mal zu drastischen Maßnahmen.
Bei uns gibt es ein Heftchen. Gratis. Es erscheint donnerstags, ist aber schon mittwochs überall zu haben. Es fängt mit kritischen Anmerkungen zur Kommunalpolitik auf der ersten Seite an und endet mit einer Glosse. Mehr redaktionelle Arbeit braucht es nicht. Es gibt das Kinoprogramm, Termine für Yogakurse etc., Konzerte und Lesungen. Und eine Menge Platz für Kleinanzeigen, die die Rubriken biete/suche Wohnung, biete/suche Job und Grüße füllen.
Vor etlichen Jahren habe ich aufmerksam die Spalte unter „Sehnsucht“ studiert. Da muss mir die Annonce einer Kontaktsuchenden aufgefallen sein. Vermutlich, weil kurz und knackig. Andere Frauen fertigen einen Steckbrief mit Psychogramm an, ich falle schon bei der Angabe „über 1,90 m“ raus. Bei jener gab es eine E-Mail Adresse, so schmierte ich mir was aus den Fingern in die Tastatur. Und fragte höflich nach einem Foto.
Antwort kam mit Foto und ebenfalls mit dem Wunsch nach einer Ablichtung meiner einer – und der Frage nach einem Date.
Das Foto von ihr zeigte mir ein lachendes Gesicht und ich konnte ahnen, dass sie keine dürre Gestalt haben würde.
Wir verabredeten uns in ein Café, welches ich noch nicht kannte, aber gut zu erreichen war. Soweit so gut.
Zur verabredeten Zeit betrat ich das Café. Es war nicht groß. Ich nahm an einem mittigen Tisch Platz mit dem Blick zur Tür. Außer mir gab es vielleicht noch zwei oder drei Gäste und den Kellner. Dann kam sie!
Wieso Frauen nie pünktlich sein können, frage ich schon lange nicht mehr. Sie nahm mir gegenüber Platz, und nicht nur ich, alle Anwesenden hielten die Luft an. Für ihre geringe Körpergröße hatte ihr Busen den größten Verdrängungsfaktor. Es war, als wären zwei Mittelstreckenraketen auf mich gerichtet. Ein tief geschnittenes Dekolleté machte es nicht besser. So viel ist nicht zu handeln.
Sie redete viel. Sie fand mich wohl sympathisch und verplante mich schon für weitere gemeinsame Aktivitäten. Ich versuchte mich ebenfalls an der Konversation zu beteiligen und Schadensbegrenzung zu betreiben, doch ich konnte nicht mal die distanzierende Geste der verschränkten Arme vor meiner Brust ausführen – es gab keinen Platz dafür!
Irgendwann schaffte ich es, uns nach draußen zu dirigieren, wo ich ihr gestehen musste, sacht und höflich, dass ich weiter kein Interesse hätte. Das fand sie schade, und meinte, dass man sich sicher noch mal über den Weg laufen würde. Garantiert nicht, dachte ich, garantiert nicht.

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Eingeordnet unter Bei Sem;kolon zu Hause

nebenan[punkt]de

Als ich vor fast 20 Jahren als Mieter in dieses Haus einzog, hielt ich es für selbstverständlich, an jeder Tür zu klingeln und mich als der Neue vorzustellen, wenn mir aufgemacht wurde.
Seitdem hat das kaum ein anderer noch gemacht. Dabei ist das Ein- und Ausziehen bei den neun anderen Wohnungen erheblich.
Heute bin ich zudem der Troll, an dem es kleben bleibt, die Pakte der Nachbarn anzunehmen. Meine eigenen Sendungen nimmt der Bote stets wieder mit, wenn ich nicht da bin, weil kein anderer aufmacht.
Wir haben es verlernt mit den Menschen, mit denen wir unter einem Dach leben, verbindlich umzugehen. Außer ein kurzer Gruß im Treppenhaus wird Wert auf Anonymität gelegt. Als Krankheitsbild wäre das soziale Phobie.
In Städten und Ballungszentren ist das gewollt und wird hingenommen. Würde ich die soziale Kontrolle, die Neugier und die Forderung nach Integration in eine tradierte Gemeinschaft einer Nachbarschaft in einem kleinen Bergdorf wollen? Eher nicht.
Aber jetzt gibt es etwas Neues. Bei einer Internetplattform kann man sich als Bewohner seines Stadtviertels registrieren lassen. Man kann sein Profil einstellen und mit einem Bild versehen, Interessen angeben und Hilfen anbieten. In diesem sozialen Netzwerk kann man Menschen seines Viertels kennen lernen, gemeinsam etwas unternehmen, sich gegenseitig helfen etc.
nebenan.de – Die Idee kommt aus Berlin und hat schon den Preis „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen 2016“ von der Bundesregierung bekommen. Es ist alles gratis und seriös.
Aber was ist mit den sehr alten Menschen, die das Internet nicht benutzen? Und was sagt das über uns als Gesellschaft aus?
Brauchen wir erst eine Internetseite oder eine App, um uns zu begegnen? Brauchen wir erst ein webbasiertes Netzwerk, um jemanden unsere Bohrmaschine zu leihen? Brauche ich erst eine elektronische Verabredung, um mit einer Studentin, die drei Ecken weiter wohnt, über Bücher zu reden, wenn wir hintereinander in der Schlange an der Kasse vom Supermarkt stehen? Wenn ich nackt im Regen um den Block jogge, würde es jemanden auffallen? Ist ein hochgeladenes Handy-Video mit süßen Kätzchen authentischer als ein realer Kuss, bei dem der Puls schneller geht? Wissen wir noch, was wir wirklich wollen? Oder leben wir in einem Aquarium: anschauen, ja, anfassen, nein!

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All You Need Is Love

Dieses Foto machte ich heute Vormittag. Außentemperatur: 12 °C. Nachdem kalendarisch längst Frühlingsanfang war, ist diese Ansicht trotzdem eine Seltenheit. Und laut Wettervorhersage soll es hier morgen schon wieder regnen.
Ich konnte es mir also nicht verkneifen, ein Stück blauer Himmel festzuhalten und den passenden Soundtrack zu finden …

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Laubpuster!

Herbst. Laub. Laubpuster!
Um 7:30 Uhr bin ich von einem steten Geräusch im oberen Frequenzbereich geweckt worden. Ich mache das Fenster, welches auf Kipp stand, zu. Das nützt nur nichts.
Draußen ein Mann der Gärtnereinsatztruppe unserer Anlagen mit tragbarem Laubbläser und infantiler Lust, Krach zu machen. Trägt Gehörschutz, der aussieht wie Kopfhörer. Früher in der Schlosserlehre nannten wir sie „Micky Mäuse“, wenn wir sie aufsetzten, um mit der Flex zu arbeiten.
Moment mal … 7:30 Uhr? Und ich habe noch geschlafen? Hm. Was ein paar Tage zu Hause bleiben und sich Ruhe gönnen doch ausmacht. Normalerweise kann ich ab 4 Uhr nicht mehr weiter schlafen und setze mich an den Schreibtisch.
Ich lasse die CD laufen, die gerade im Player liegt. Oft schlafe ich bei Musik ein. Digital Underground mit „ No Nose Job“. Ich drehe meine Anlage auf. Zweimal 120 Watt gegen einen Laubpuster. Hinter dem geschlossenen Fenster. Der Gärtner gewinnt. Gegen „Explizit Lyrics“. Fettes Brot „Schwule Mädchen“ (Live-Version). Nichts. Metallica und „Enter Sandman“? Nein, ich kann die Lärmverseuchung draußen nicht neutralisieren. Deep Purple: „Speed King“. Nah dran, nah dran. Ich breche mein Experiment ab. Was hat man eigentlich vor der Erfindung dieser Ordnungsgeräte gemacht? Richtig! Fegen, und zwar mit Besen und Körpereinsatz.
Inzwischen sitze ich am Schreibtisch und suche nach einem Foto mit Laub in meinem Archiv. Mit geschlossenen Kopfhörern und der neuesten Musik von Prince. Ich finde, „Hit n Run – Phase One“ ist nach langem mal wieder ein richtig starkes Album von ihm. Dabei würde ich noch nicht mal das Klingeln meines Telefons hören. Selbst wenn direkt vor mir läge …

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Leseprobe # 4

Auf unserem letzten Sem;kolon-Treffen haben wir uns als Stichwort für eine freiwillige Hausaufgabe das Wort „herausgerissen“ gestellt. Der folgende Text hat somit das Thema knapp verfehlt. Das ist nicht schlimm, besonders, wenn einen etwas anderes auf den Nägeln brennt.

Wenn morgen Klassentreffen wäre …

… würde ich heute anreisen und mich bei meinen Eltern einquartieren. Bei dieser Gelegenheit einen dankbaren Blick für meine Mutter, die die komplette Schulzeit durch meine Pausenbrote geschmiert hat. Jeden Morgen und mit Salami belegt. Abends eine mitgebrachte DVD mit Vater gucken. Bei Schrott auf allen Kanälen zeigen sie uns nicht mehr die guten Filme aus meiner Kindheit im Fernsehen. Von Don Camillo und Weltraumabenteuern.
Für das Treffen nach 30 Jahren leihe ich mir einen Schirm. Die Bewölkung verdichtet sich. Betrete das Lokal hinter der Kirche. Am Tresen die gleichen Männer an der gleichen Stelle mit dem üblichen Bier wie damals. Nur älter und weniger Haare.
Hinten im Saal die Mädchen und Jungen meiner Klasse. Petra, Veronika, Cornelia und Guido, Thomas, Markus. Jetzt Erwachsene. Bettina hat das alles organisiert. Hält verlegen eine kleine Rede. Wir applaudieren. Ich finde einen Platz bei meinen Kameraden von einst. Nicht weit von mir sitzt Steffi, die erste, mit der ich richtig ging. Verheiratet, zwei Kinder, Teilzeit berufstätig.
Während auf das Essen gewartet wird, machen in meiner Ecke alte Witze die Runde. Heute wohl Herrenwitze genannt. Guido schimpft auf seine Lehrlinge, doch ich erinnere mich nicht, dass er in Mathe selbst eine besondere Leuchte war.
„Was machst du?“, die Frage kommt von links. Von Frank. Stiller wird es. Oder ist es, weil alle ihr Essen bekommen haben?
„Ich habe in Münster studiert. Ich veröffentliche Bücher. In Anthologien bin ich vertreten, gebe aber auch Monographien heraus. Aber davon lebt man nicht, ich habe auch einen Bürojob.“
„Wann kommst du wieder zurück?“
Mir wird es peinlich. Bettina ruft jetzt zu einem Gemeinschaftsfoto auf, es sollen sich doch alle in Position stellen.
Ich weiß nicht, ob ich auf dem Foto gelächelt habe. Ich habe es nicht bekommen. Mein Wunsch ging unter. Als Frank freundschaftlich den Arm auf meine Schulter legt, bin ich weit weg. Prägung. Diejenigen, die mich in der Schulzeit so oft verprügelt haben, als ich mich noch nicht wehren konnte, haben dazu beigetragen. Hellwach zu sein und aufmerksam. Die Gefahr von Schlägen und Tritten war überall. Deshalb bemerke ich Dinge, an denen andere achtlos vorbei laufen. Beobachtungsgabe ist wichtig für einen Autor.
Ich verabschiede mich zu der Zeit, in der man anfängt, Korn zu bestellen. Auf dem Weg zu meinen Eltern bin ich froh, an den Schirm gedacht zu haben.

 

©hristoph Aschenbrenner; © Christoph Aschenbrenner

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Leseprobe # 2

In unserer Autorengruppe Sem;kolon stellen wir uns für den nächsten Abend immer eine „Hausaugabe“. Der Grund ist, falls jemand partout nichts einfallen will, hat er ein Stichwort, welches ihm Ideen liefern kann. All das ist freiwillig.
Um ein Stichwort zu finden, haben wir schon die Bedienung unseres Trefflokals gefragt, den Finger auf eine Seite einer herumliegenden Süddeutschen getippt oder neue Sem;kolon-Interessenten in die Pflicht genommen. Dieses Mal haben wir uns etwas Besonderes einfallen lassen.
Jeder brachte ein Jugendfoto von sich mit, Altersbegrenzung zwischen 13 und 17 Jahren. Im geheimen Losverfahren bekam jeder von uns ein Foto eines anderen. Und was uns dazu einfällt, darüber sollten wir schreiben. Hier meine Lösung der „Hausaufgabe“.

 

Ein Schuss entfernt

 

Klick! Ob das Foto etwas geworden ist? Sie legt die Leica neben sich auf das Handtuch, das sie im Schatten nicht weit vom Schwimmbecken ausgebreitet hat.
Ihr Opa hat sie beiseite genommen, als sie in die 11. Klasse gekommen ist.
„Jetzt, wo du in die Obersekunda gekommen bist, sollst du etwas haben, was dir viel Freude machen wird!“ hat er zu ihr gesagt. Dann hat er ihr die Leica gezeigt und erklärt.
Sie wusste, ihr Großvater ist viel gereist und hat interessante Fotos für Zeitungen und Illustrierte geschossen. Als er in Korea war, hat er damit aufgehört. Warum, das wusste sie nicht.
„Wenn du sorgfältig damit umgehst und gut auf sie aufpasst, hast du dein ganzes Leben was davon“, sagte er ihr noch mit leuchtendem Blick.
Als 15-jährige fand sie sein Geschenk überhaupt nicht spannend. Viel lieber hätte sie einen Walkman gehabt, wie einige Mädchen in ihrer Stufe. Und die ersten Aufnahmen waren nach der Entwicklung mehr als bescheiden. Opa ließ nicht locker. Er zeigte ihr seine Fotos, erzählte, wie sie entstanden sind, und was die Kamera dabei leisten konnte. Dabei ist wohl was übergesprungen, denn die Leica war nun immer dabei und geladen.
So auch an diesem ungeheuer trägen Sommertag. Sehr warm. Das Abitur bestanden ist es höchste Zeit, an die Zukunft zu denken. Nur nicht heute! Der einzige Ort des Überlebens ist das Schwimmbad bei ihnen, nur ein paar Minuten mit dem Rad entfernt.
Allein ist sie gekommen, ihre beiden Freundinnen haben abgesagt. Sie haben ihre Tage. Gleichzeitig? Es ist so heiß, dass sie nicht nachrechnen kann. Aber es gibt keinen Grund anzunehmen, dass ihre beiden besten Freundinnen sie belügen.
Das Foto, das sie gerade gemacht hat, ist ein Auftragsfoto. Seitdem sie hier ist, wird sie Horst nicht los. Ausgerechnet der! Der schmale Bursche mit der großen Klappe. Sein gewinnendes Grinsen hat auf sie keine Wirkung. Sie kennen sich von der Schule. Zuerst will er ihr ein Eis spendieren. Dankend lehnt sie ab. Er sieht ihren Fotoapparat und prahlt damit, dass er schon mit einer Ritschratsch Agfa-Pocket fantastische Aufnahmen gemacht hat. Wer’s glaubt. Dann soll sie seinen tollen Hechtsprung ins Becken aufnehmen. Meinetwegen. Da hat sie ihn wenigstens von der Backe.
Sie würde zur Abkühlung auch gerne ins Wasser gehen, doch Horst ist schon wieder da und quasselt ohne Punkt und Komma. Ihr wird es schließlich zu bunt wie ein Foto mit Farbstich, legt die kleine Leica in ihre Tasche, steht auf und geht zum Schwimmbecken. Horst natürlich hinterher. Als er schnallt, dass sie ins Wasser will, springt er noch mal cool ins H₂O. Sie lächelt. So lange er unter Wasser ist, beeilt sie sich, an eine andere Stelle des Beckens zu kommen, um dann langsam ins kühle Nass zu steigen. Voll geil! Sie schaut in die Richtung, wo Horst auftauchen muss und nach ihr Ausschau halten wird. Dabei merkt sie nicht, wie in ihrer Nähe ein paar Jungs damit anfangen, einfach alle, die sich nicht wehren können, zu döppen. So wird auch sie von hinten unter Wasser gedrückt. Schreck und Atemnot bringt sie in Panik. Sie weiß nicht mehr, wie lange es gedauert hat, es ist nur mit einem Mal vorbei, sie schießt über den Wasserspiegel, prustet und ringt nach Luft.
Horst brüllt die feigen Jugendlichen an.
„Ihr Penner! Macht das ja nicht noch mal! Der Bademeister ist mein Onkel, ein Wort von mir, und ihr habt hier Platzverweis!“
„War ja nur Spaß“, meint einer von ihnen, schon ziemlich kleinlaut.
„Spaß?“ Horst läuft zur Höchstform auf. „Auf diese Weise ist letztes Jahr ein Kind umgekommen! Und jetzt will ich euch nicht mehr sehen, ihr ätzenden Idioten!“
Eine Weile starren sich die Assis und Horst noch an, dann geben die Typen nach und steigen aus dem Becken.
„Danke Horst“, sagt sie. Sie lässt sich von ihm aus dem Becken helfen.
Noch etwas benommen setzt sie sich auf ihr Handtuch.
„Ich wusste nicht, dass dein Onkel hier Bademeister ist.“
„Ich auch nicht“, sagt er. Sie lacht laut und bekommt sich fast nicht mehr ein. Sie findet, er hat ein gewinnendes Grinsen.

Ihr ist bei den Umzugsvorbereitungen wieder das Foto in die Hände gefallen. Von ihrem Mann, der in das Schwimmbecken springt. Als er noch nicht ihr Mann war. Aber da hat alles angefangen. Übrigens hat Horst damals ihre beiden Freundinnen mit viel Eis mit Sahne bestochen. Alles geplant, nur nicht das mit den fiesen Jungs … Es war ihr erstes Auftragsfoto, erinnert sie sich. Bis zur Geburt der ersten Tochter hat sie mit der Fotografie Geld verdient. Danke Opa, wenn Du gerade vom Himmel runterschaust! Jetzt zieht die Familie in ein Haus, wo dann endlich mehr Platz für alle ist – die gute, handliche Leica kommt selbstredend mit – und wo Horst dann hoffentlich wieder öfter sein gewinnendes Grinsen zeigt. Sie seufzt, sucht einen Bleistift, dreht das Foto um und schreibt: Auftrags-Nr.: 1, Kunde: Horst Köhlers, Bezahlung: erfülltes Eheleben und die drei liebsten Kinder, die sich eine Mutter wünschen kann.

 

©hristoph Aschenbrenner; © Christoph Aschenbrenner

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Foto: Privatbesitz mit freundlicher Genehmigung

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Eingeordnet unter Bei Sem;kolon zu Hause, Leseprobe