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Mit John wäre Paul besser dran

Heute …

… wäre John Lennon 80 geworden. Hätte er sich längst aus dem Musikbusiness zurück gezogen und überraschte uns nur noch mit Spontanauftritten auf Charity Konzerten? Er würde sich bestimmt nicht so blamieren wie ein McCartney heute!

Lennon hat immer einen Kampf mit sich ausgefochten – zwischen Beachtung und wahrer Anerkennung. Und wo da ein Vakuum war, war er ein Rebell. Auf die Kohle hat er gepfiffen, denke ich.

Und, Herrgott nochmal, wenn Yoko seine große Liebe war, wer hätte das Recht, etwas Schlechtes über sie zu sagen? Gehen wir in unserem Familien- und Freundeskreis auch herum und beleidigen die Ehefrauen anderer, weil uns irgendetwas nicht passt? Wieso ist das bei einem Rockstar anders?

Was das weltbekannte Songwriter-Duo Lennon/McCartney angeht, hatte John mal ein Machtwort gesprochen.

Bevor die Beatles so wahnsinnig berühmt wurden, spielten sie in Liverpooler Tanzbars und Keller. Und auch in Hamburg. Da war Paul der Leadgitarrist. Aber auf der Bühne versaute der die Gitarrensoli. Ab da hat George Harrison die Soloparts gespielt.

Ohne das Pendant und ohne das Korrektiv Lennon bildet sich McCartney heute ein, er bräuchte keine fremde Hilfe bei der Musik auf seinen Soloalben. Er macht generell alles selbst – auch die improvisierten Gitarrenlinien. Aber sie klingen – furchtbar! Ein Musiker seines Ranges und mit seinem Geld bräuchte nur einmal telefonieren, da würden die besten Gitarristen des Globus in sein Studio kommen, und zwar gestern noch!

Wie das klingen könnte, hat Paul eindrucksvoll in seinem Song „No More Lonely Nights“ (1984) demonstriert. Der mega Gitarrist von Pink Floyd, David Gilmour, der bei einer Fender Stratocaster weiß, wo vorne und hinten ist, wie man spielt, alle Techniken kennt und auch sein Equipment aus dem Effeff beherrscht, verhilft mit seinem 1A Rocksolo Pauls Gesang und Harmonien zu wahrer Größe.

Ist es beginnende Demenz oder Altersstarrsinn – oder beides? Weil Paul meint, er könne es allein? Im Showbiz gibt es keine Garantie für Erfolg. Auch nicht, wenn man mal ein Beatle war. Oder länger lebt.

Das Phänomen „Beatles“ objektiv und neutral zu betrachten, war schon in den 1960er Jahren nicht möglich. Meine Mutter, ihre Schwestern. Brüder, tanzten zu „Radaumusik von langhaarigen Schreihälsen“. Das war ein Tabubruch, ein Affront gegen die ältere Generation. Aber nicht das Ende des Abendlandes …

John Lennon konnte Musik. Wo andere Installateure sind oder Versicherungen verkaufen. Es ist halt ein Glücksfall, das zu machen, davon zu leben, was man wirklich kann.

John hatte Seele. Hören wir ihm zu. In seinen unvergessenen Liedern.

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Eingeordnet unter 2020, Musik

My Mind’s Eye

Es gibt gute Neuigkeiten: Das Manuskript meines nächsten Buches ist im Lektorat.

Unter dem Arbeitstitel „SUPERMARKT-Geschichten“ versuche ich als Durchschnittskunde im täglichen Wahnsinn zwischen Kassen und Käufern, Bioprodukten und Bananen (aus der Obstabteilung) und Musikberieselung und Marmorkuchen zu überleben. Und zu entkommen.
Ich schone nichts und niemanden! Autor und Aussage sind eins – da werden sich Kritiker wie Fans einig sein.
Mein Blick auf die Dinge mit meinem Schreibstil, so hoffe ich, werden Euch Spaß machen. Wie mir auch.

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Eingeordnet unter 2019, Buch 5, Das neue Buch

Herzzeit

Tanzen unter fallenden Blättern,
fetzen über das Laub.
Du und ich spüren den Wind,
ein Rausch.
Kuss! Kuss! Kuss!
Im Bistro heiße Getränke
zu glänzenden Blicken.
Geben aus das letzte Geld.
Wächst schon wieder nach.
Draußen dunkelt der Regen die
Welt, aus deren Takt wir kommen.

Ich bring dich, wohin du willst.

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Eingeordnet unter 2017, Lyrik

Berge und Meer

Am Meer war ich mehrmals. Unverbauter Horizont. Kann schnell öde werden. Ich habe die Berge noch nicht gesehen. Weder die Alpen über- noch durchquert. Ich muss da auch nicht daran rumklettern. Nein.
Was ich schon immer liebte, war die Tiefebene. Ganze Landstriche auf einem Niveau. Wo ein Findling im ordentlich gepflegten Vorgarten Aufsehen erregt.
Ich wuchs auf dem flachen Land auf, später wechselte ich ein paar Breitengrade weiter nördlich und hatte Aussicht satt. Sofern nicht verbaut.
Früher konnte ich bei uns im oberen Stockwerk am Fenster stehen und sehen, wann mein Vater Feierabend hatte. Hinterm Fabriktor stieg er aufs Rad und radelte heim. Das waren gut sechs bis sieben Kilometer. Natürlich nur, wenn kein Nebel war. Oder die Bauern nicht ihre Felder düngten, wobei sich die Sonne weigerte, bis zum Boden zu scheinen.
Während ich auf meinen Vater sehnsüchtig wartete, konnte man große Industriewerke weit entfernt an ihren Schornsteinen und den Wolken erkennen, die sie ausstießen. Schwermetall.
Klar, Kirchturm bei uns mit Uhr. Und schräg gegenüber der kleine Zeitungs- und Kurzwarenladen, von dem ich wusste, dass das neue YPS-Heft angekommen war.
Unser Stadtteil war ein wenig isoliert. Vom Stadtzentrum durch einen Gürtel Felder getrennt. Aber die Trasse der Straßenbahn führte schnurgerade in unseren Ortskern. Und mein Papa radelte daran entlang. Auf einer breiten Straße mit Radwegen. Jeden Tag. Manchmal auch samstags. Als ich ihn mal fragte, warum er nicht die Straßenbahn nehmen möchte, sagte er mir: „An der Haltestelle warten ist langweilig. Da weiß ich nicht, was ich machen soll außer rauchen.“
Es gab nur eine Ausnahme, bei der mein Vater in die Straßenbahn stieg. Im Winter, wenn es morgens noch lange dunkel, und es aussah als falle der Schnee aus den Straßenlaternen. Wenn er als kräftiger und zäher Mann nicht mehr durch die Schneewehen fahren konnte. Oder bei spiegelnder Glätte und es genauso gefährlich war, die Glätte nicht zu sehen.
Ich überlege mir heute, dass mein Vater, der sein Fahrrad pflegte und liebte, sein Geld vielleicht lieber sparte, als jeden Tag ein Ticket zu lösen.
Als er da war, wir Kinder und meine Mutter ihn herzlich begrüßten, als wäre er für Monate weg gewesen, hat er mir die zweimarkfünzig für das YPS-Heft spendiert.

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Zwischen einem Mann und einer Frau

Fünf Wochen sind hier Weihnachtsmärkte geöffnet. An fünf Stellen in der Innenstadt. Der große Marktplatz darf nicht besetzt werden wegen des Wochenmarkts mittwochs und samstags. Da wirken die Weihnachtsmärkte eher wie eine Notdurft. Was der Kitsch, Konsum und Krempel mit dem Christenfest zu tun hat, entzieht sich meiner Kenntnis.
Es gibt Naschwaren, Dekokram, Fahrgeschäfte für Kinder, gebratenes und gebackenes Essen bis hin zu Geschenken, Schmuck und natürlich den Glühwein.
An jeder Ecke hörst du zwei Mädchen Blockflöten quälen. Man sollte ihnen Geld geben, damit sie es lassen!
Ich war etliche Jahre nicht mehr dort, nur aus dem Busfenster geschaut, wenn sich meine Linie durch die Menschenmengen quälte. Große Ansammlungen von Menschen. Wenn man in einer Traube von Leuten steckt, und es geht nicht vor und nicht zurück. Man wird geschoben und gedrängt. Das ist mir sehr unangenehm.
Bei Regen und 13 Grad haben die Weihnachtsmärkte nun wieder geöffnet. Dieses Jahr will anscheinend jeder mit mir dort hin. Die Kollegen an Feierabend, Bekanntschaften, ja auch Freunde von außerhalb. Am liebsten aber ginge ich mit ihr.
Die erste Woche hat sie sich nicht gemeldet. Aber dann die SMS. Welch ein origineller Einfall, am nächsten Samstag zusammen über die Weihnachtsmärkte zu gehen. Ab 11 Uhr sind die Stände und Buden geöffnet. Sie möchte jedoch nach Einbruch der Dunkelheit. Wegen der Stimmung. Argumente wie, um 11 ist es noch nicht überlaufen, man sieht doch viel mehr, kontert sie mit einem gewichtigen Argument. Um 11 Uhr denke sie noch nicht mal daran aufzustehen.
Ich bin gespannt, was sie anzieht, wenn wir uns treffen. Wichtiger ist aber, was ziehe ich an? Ich brauche eine Kopfbedeckung, nicht zu dick, nicht zu leicht, denn bei Neigung zu Niederschlägen, so der Wetterbericht, kann man im Gewühl keinen Regenschirm aufspannen. Schuhe? Zur Zeit stehen zur Wahl nur gefütterte Winterstiefel oder dünne Halbschuhe. Der Rest gibt sich.
Ich stehe am Treffpunkt, Bushaltestelle gegenüber Kaufhof. Mann, ist das voll! Dabei ist der Weihnachtsmarkt hinter mir. Kinderkarussell, etwa acht Buden. Sie kommt mit dem Rad. Wie immer winke ich, bleibe stehen. Wie üblich ignoriert sie mich. Schließt das Rad ab. Schlösser sind etwas technisches. Seelenverwandt sind Frauen mit Technik nicht. Auch sie nicht.
Forschen Schrittes will sie die Straße überqueren, doch ist gezwungen, Menschenströme zuerst vorbei zu lassen. Ich drehe mir eine Zigarette. Ich überlege mir, was sie vorher erlebt hat, wenn sie ankommt, als hätte sie Wut, schlechte Laune oder Magenschmerzen. Vielleicht alles zusammen? Oder hat es was mit mir zu tun?
Mit einer finsteren Miene, die gut zu ihrem schwarzen Mantel passt, lässt sie sich umarmen. Mögen die Spiele beginnen!
Nun bin ich also wieder hier. Wir verständigen uns, was wir uns hier auf dem ersten Christmas Market ansehen wollen, und welcher der nächste sein würde. Wie ich sie kenne, würde sie relativ achtlos an den „Fressbuden“ vorbei gehen, sich dafür an Spielzeugständen und Modeaccessoires länger aufhalten. Und am längsten dauert es bei angebotenem Nippes, wie wir zu Hause sagen, oder „Staubfänger“. Dinge zum Hinstellen in der Wohnung, ohne den geringsten Nutzen. Witzig, schön, süß sind dafür die Attribute ihrer Besitzer. Ich korrigiere: Besitzerinnen.
Doch auch für so einen Ernstfall hat mein Akku für Geduld volle Kapazität. Ich erinnere mich zudem, dass irgendwo hinten immer ein Bratwurstgrill war. Bestimmt auch dieses Jahr. Man könnte das eine mit dem anderen verbinden.
Ich erzähle ihr was. Genauer, ich doziere. Erlebnisse und Erfahrungen aus einem elend langen Leben. Das kann ich, ohne dass mir je die Themen ausgehen. Ich habe ja auch nie etwas vergessen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr das gefällt. Sich ihre Stimmung dabei beginnt aufzuhellen. Gerade bin ich bei Zeitzeugnissen aus 1983 angelangt, lässt sie mich ausreden und erzählt etwas über sich aus den 80ern.
Der Verkehr staut sich zwischen Glühweinstand und vermeintlichen Bratwürsten. Ich stelle mich mit meiner beachtlichen Breite schützend vor sie und nehme ihre Hand, um sie nicht zu verlieren. Sie lässt es geschehen. Und ich kann fast sehen, was sie hinter meinem Rücken macht. Sie lächelt.

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Jubiläumslesung

Wir. Wir Autorinnen und Autoren der Autorengruppe Sem;kolon. Wir feierten das 25-jährige Bestehen einer freien Gruppe, die noch nie von öffentlichen Geldern abhängig war, die nie einen Leiter brauchte, die sich trifft, um sich gegenseitig zu helfen bei ausschließlich selbstgeschriebener Literatur. Ich habe den Abend als sehr harmonisch innerhalb der Gruppe erlebt. Das Publikum war sehr aufmerksam, ich konnte es in meinen Parts nicht sehen wegen der Scheinwerfer. Doch wenn man auf der Bühne nichts hört, als nur den Applaus am Ende, dann glaube ich,  es hat gefallen.

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Frauen & Männer

Frauen bekommen einen Orgasmus, wenn sie hören, dass in ihrem Viertel ein neues Café aufgemacht hat. Wie ferngesteuert zieht es sie mit ihren Freundinnen dort hin. Sie probieren Kaffeesorten und – arten und testen in mehreren Sitzungen mit vielen Kommentaren das komplette Kuchenangebot. Tauschen dabei den neusten Tratsch aus. Sie sind sich bewusst, dass sie Gefahr laufen, Bankrott zu gehen. Und am nächsten Tag sieht man sie schwitzend laufen (früher hieß das joggen), denn was sie an Geld zu wenig haben, haben sie nun an Pfunden zu viel.
Bei Männern ist das nicht viel anders. Haben ihre Stammkneipe, wo stets das Lieblingsbier frisch gezapft wird. Die Kneipe ist ihr zweites Wohnzimmer in dem der Sportkanal läuft. Hier treffen sie ihre Kumpels, die ihre Sprache sprechen. Es kann auch mal spät werden. Und wenn der Pegel gestiegen ist, kommen sie auf bahnbrechende Ideen in den Bereichen der Physik, Mechanik und Motortechnik, die tatsächlich die Welt ein wenig verändert hätten, hätten sie sie nicht vergessen. Am nächsten Tag, wenn der Rausch ausgeschlafen ist und sie nachzählen, wieviel der Abend gekostet hat.
Tja, mir ist irgendwie die Männervariante sympathischer …

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Die Frage nach dem Sinn

Ich war jetzt viele Wochen da raus. Montag soll ich wieder dahin. Dort wo es nur vertikale Strukturen gibt. Wo wenige oben bestimmen, was viele unten machen sollen/müssen. Und gerade unter dem Mantel des Verständnisses gilt doch nur eine Regel. Jeder hat auf seiner Stufe zu bleiben. Im Grunde verhindert das per se Verständnis. Verständnis ernst gemeint bedeutet doch auch nachgiebig sein bei den Schwachen. Hilfen und unbürokratische Wege gehen. Davon ist jedoch nichts zu spüren.
Ich mache es, wie mir inzwischen klar geworden ist, auch bloß wegen dem Geld. Ich habe zwei Jahre Zeit, um das Geld zu verpulvern oder anzusparen. Ein Jahr ist um. Und nach dieser Zeit kann ich in der gewohnten Umgebung mit der gewohnten Arbeit weitermachen – allerdings nur bei einem viel niedrigeren Lohnniveau. Ich bin noch nicht dazu gekommen, mir diese fassungslose Ungerechtigkeit auszumalen! Jetzt schon. Schon früh im Berufsleben musste ich mir die Frage stellen, ist es das, was ich will bis zur Rente? Mein Vater gehört noch zu der Generation, die bis zur Rente in einer Firma durchgearbeitet hat. Der schwer betrübt war, als er nicht mehr zu den Aktiven dazu gehörte. Ich verstehe das. Sein Arbeitgeber wurde nicht binnen kurzer Zeit dreimal verkauft, Arbeitsoptimierer schauten ihm nicht mit Taschenrechner und Stoppuhr auf die Finger.
Was mir schwer im Magen liegt, ist, dass ich sehr sensibel auf Veränderungen im Arbeitsumfeld und bei Arbeitsinhalten reagiere. Drei Praktikanten mit im Raum verunsichern mich. Eine Anweisung der Programmierer, die ich noch nie persönlich sah, macht die Arbeit von Wochen zunichte. Und auf diese Weise wird es niemals Ruhe bei der Arbeit geben. Herausforderungen ja, doch in einem festen Rahmen.
Was sind denn da eigentlich die Alternativen? Leben von „Hilfe zum Lebensunterhalt“ sprich Sozialhilfe. Die Miete wird bezahlt und zum Leben bleiben wenige hundert Euro. Man müsste sich eine Tagesstruktur erhalten, um nicht durch zu drehen oder depressiv zu werden. Ich schaue gerade aus dem Fenster. Der ganze Tag war schön. Sonnenschein und blauer Himmel. Ich habe das heute in mich eingesaugt. Ein Gefühl wie Urlaub ohne Ende.
Man bräuchte Freunde, die akzeptieren können, dass man eine Alternative lebt.
Ich bliebe intellektuell weiter beschäftigt. Das Manuskript für mein viertes Buchprojekt liegt jetzt bei meinem Verlag …

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Eingeordnet unter Bei Sem;kolon zu Hause, Buch 4